Bundestagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt besucht das Einbecker Druckerviertel

Am 12. November 2021 durften wir von den Konzert- und Kulturfreunden Einbeck e.V. (kurz KFE) die Bundestagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt und den Einbecker Ratsherren Peter Traupe, Mitarbeiter Wahlkreisbüro Northeim, im Einbecker Druckerviertel begrüßen. Der Wahlkreis 52 von Frauke Heiligenstadt mit den Kreisen Northeim, Osterode und Goslar ist ziemlich groß. Umso schöner, dass wir Frau Heiligenstadt schon so zeitnah nach der Bundestagswahl bei uns im DruckerViertel begrüßen durften und ihr von den spannenden zwei Säulen der Quartiersentwicklung im Druckerviertel berichten durften.
Nach dem Besuch in der „DruckerBande“, der im Oktober eröffneten ersten offenen Einbecker Druckkunst-Werkstatt, ging‘s rund anderthalb Stunden an den schönen Glastisch im Konferenzraum des 3eck CoWorkingSpace. Das CoWorkingSpace hat sich bereits vor rund fünf Jahren hier im Druckerviertel im 1. Stock angesiedelt. Im Gespräch wurde es dann auch bald etwas spezifischer: Auf der Agenda stand mit dem Einbecker Blaudruck eine besondere Form des Druckens. Hintergrund des Besuches war die Einladung an Frau Fauke Heiligenstadt, die Schirmherrschaft für das in 2022 stattfindende Einbecker BlaudruckJahr zu übernehmen.


Der Einbecker Blaudruck kann mit der am längstem durchgängig betriebenen Manufaktur Europas aufwarten. Ein gewichtiger Grund für uns, den Blaudruck, der seit 2018 als UNESCO Kulturerbe eingestuft worden ist, einmal intensiv ein Jahr lang hier in Einbeck zu feiern.
Der Blaudruck hat übrigens über 200 Jahre gemeinsam mit dem ebenfalls als UNESCO Kulturerbe einstuften Buchdruck hier am Möncheplatz Geschichte geschrieben. Seitens des Büros ZeitRaumGestaltung von Volker Stix wurde diese enorme Dichte an Kulturerbe schon vor vielen Jahren erkannt und kurzerhand erklärte Stix das schöne Häuserensemble am Eingang zur Einbecker Altstadt zum „Druckerviertel“. Hier wird durch ZeitRaumGestaltung auf der einen Seite intensiv an der Neuaufstellung der im Druckerviertel befindlichen Immobilien gearbeitet und auf der anderen Seite nun auch das Druckhandwerk neu entdeckt. Kultur, Architektur und Kunst mit großer Tradition auf dem Weg in die Zukunft.
Übrigens hat Frau Heiligenstadt nicht nur die Schirmherrschaft dankend übernommen, sondern auch mit ausgesprochen vernetzenden Ideen die Dynamik des Blaudruckjahres schon vor dem eigentlichen Start noch einmal angeheizt! Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und sagen DANKE!

Machen und Lachen im Druckerviertel

Alte Drucktechniken sind zweifellos eine faszinierende Sache und nicht ohne Grund ist die Druckkunst mit ihren vielfältigen Techniken von der deutschen UNESCO-Kommission 2018 in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden. Welch immense Bedeutung es hat, dass ein solches Kulturerbe und die damit verbundenen Traditionen von Menschen vor Ort lebendig gehalten werden, betonte am Eventwochenende der DruckerBande die Kulturwissenschaftlerin Dr. Dorothe Hemme. Ihre Begeisterung über das riesige Engagement der DruckerBande und die große Resonanz der Besucher stand der Wissenschaftlerin förmlich ins Gesicht geschrieben. Die DruckerBande, das sind Einbecker Kulturschaffende, Freunde und Bürger sowie Künstler und Handwerker aus Südniedersachen.

An dem Ort, in dem einst das „Einbecker Tageblatt“ als erste Einbecker Tageszeitung verlegt und gedruckt wurde, ist mit viel ehrenamtlichen Engagement eine offene Druckwerkstatt aus dem Boden gestampft, ein Stadtquartier belebt und mit Schwung in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt worden. Die DruckerBande präsentierte sich am vergangenen Wochenende erstmalig der Öffentlichkeit als offene historische Druckwerkstatt, die ausdrücklich zum Mitmachen einlädt. Die seit Jahrhunderten bewegende Druckkultur konnte und kann genau dort entdeckt werden, wo sie in Einbeck einst Geschichte geschrieben hat. Mit der „SesamPressse“ hat die DruckerBande eine reichhaltig ausgestattete Druckwerkstatt aus Lohfelden bei Kassel zu großen Teilen nach Einbeck umgezogen, diese mit dem noch in großem Umfang vorhandenen Sortiment an Typen der J. Schroedter’s Buchdruckerei zusammengeführt und so eine funktionsfähige offene Werkstatt geschaffen, in der jetzt ein jeder in das Handwerk der „Schwarzen Kunst“ eintauchen kann. Die Druckkunst hat damit in Einbeck ein sicht- und erlebbares Zuhause gefunden und die Einbecker können sich auf ein Workshop- und Veranstaltungsprogramm freuen.

Auftaktwochenende

Den musikalischen Auftakt präsentierte inmitten alter Druckmaschinen am Freitagabend das Konzert- und Kulturhaus TangoBrücke gemeinsam mit der Druckerei Heimert Elements. Die Kölner Jazzformation Soulcrane füllte die von der Straße her in blaues Licht getauchte offene Druckwerkstatt mit tiefgründigen Jazzklängen.

Am Samstag zog dann eine gebündelte und umfangreiche Handwerkerschar aus dem Bereich des graphischen Gewerbes viele junge und alte Besucher in ihren Bann.

Das Medium für den Druck ist das Papier. Handgeschöpftes Papier konnte man dann auch mit der Naturwerkstatt Fredelsloh selbst produzieren. Pulp (Zellstoff) aus alten Zeitungen und Wasser, gewalkt mit einer alten Wäschemangel wurden im Nu zu bunten neuen Papierbögen, die von den spontanen Papiermachern wie T-Shirts zum Trocken auf die bereitgestellten Wäscheständer gehängt wurden.

Die Buchbinderin Renate-Katrin Zimmermann von der Unikate Buchwerkstatt aus Göttingen hat samt Auszubildenden Tim an ihrem Stand Jung und Alt begeistert. „Ich wollte schon immer wissen wie ein Buch gemacht wird.“ so die vierjährige Carlotta. Am laufenden Band hielten Kinder voller Stolz ihr selbst gebundenes Minibüchlein in den Händen, für das sie im Vorfeld auch noch an der Prägestation den Buchumschlag mit ihren Namen versehen konnten. Die Buchbindermeisterin war vom belebten Tag und dem ausgesprochen interessierten Einbecker Publikum fasziniert und möchte unbedingt wiederkommen und Workshops in der DruckerBande anbieten.

Klonk, klonk, klick ertönte es fortwährend, wenn Formstecher Wilfried Hentschel mit seinem Werkzeug die Messingbänder in die vorgezeichnete Bebilderung auf dem Trägerholz schlug. Dutzende Besucher blieben stehen und konnten die Arbeit des Formstechers live erleben, ein Handwerk, das heute nahezu ausgestorben ist. Ohne dieses Handwerk waren beispielsweise Muster auf Tapetenbahnen bis Mitte der 70er Jahre undenkbar und auch die Blaudruckmodeln waren regelmäßig die Werke der alten Formstechermeister.

Mitmachen aber auch intensives Netzwerken war Programm am Wochenende. Zahlreiche Besucher outeten sich als Drucker, Setzer und Buchbinder. „Expertise ist immer noch da!“ freut sich Mitinitiatorin Patricia M. Keil und die DruckerBande ist gespannt auf weitere ehrenamtliche Mitstreiter auch von handwerklicher Seite.

Eine nachhaltige und spannende Hochdrucktechnik hat die Einbecker Graphikerin Rabea Richter mit dem Tetrapak-Druck präsentiert. Vielfältige Motive, Ornamente, Bilder und der eine oder andere verdrehte Buchstabe wurden in Tetrapack (aufgeschnittene Milchtüten) mit Bleistift graviert, schraffiert und ausgeschnitten – und die so entstandenen Klischees konnten dann mit der Andruckpresse durch die Besucher aufs Papier gedruckt werden.

Barbara Brübach alias FETTETYPEN aus Hann. Münden hat als Mitinitiatorin von Beginn an viel Engagement und Tatkraft in die Entwicklung der DruckerBande investiert. Sie druckt und setzt seit 2015 auf dem technischen Stand um 1960 mit beweglichen Lettern aus Holz und Blei a la Gutenberg und erklärte den interessierten Besuchern unermüdlich die alten Maschinen und Werkzeuge. Auf der Korrex Baujahr 1963 fertigte sie mit und für die Besucher amüsante Typographiken. Sie war es auch, die dem Kind bzw. der Initiative den Namen DruckerBande verliehen hat.

„Blau machen“ konnte man mit Patricia Keil am Experimentierstand vom Einbecker Blaudruck direkt vor der Tür der DruckerBande. Durch aktives Färben erlebten die Besucher die faszinierende Verwandlung der mit Indigo gefärbten weißen Stoffe von Grün zu Blau. Eine Farbverwandlung, die durch die Reaktion mit Sauerstoff entsteht. Nach alter japanischer Shibori Technik konnten die Teilnehmer durch Wickeln und Klammern wunderschöne Motive auf den Stoff bringen.

Podiumsdiskussion: Am Samstag stand ab 17 Uhr dann zum Abschluss eine spannende Podiumsdiskussion zum Thema „Quartiers- und Stadtteilentwicklung inspiriert und initiiert durch aktive lokale Kulturschaffende“ auf dem Programm. In der fachlich gut aufgestellten Runde waren Alexander Kloss (parteiloses Einbecker Ratsmitglied), Dr. Dorothee Hemme (Kulturwissenschaftlerin), Sebastian Becker (Innovationbeauftragter der Volksbank Einbeck / Seesen), Ulf Ahrens (Blaudrucker), Barbara Brübach (Buchdruckkünstlerin / FETTETYPEN) und Patricia Keil (freie Kulturschaffende und Künstlerin) vertreten. Krankheitsbedingt nicht mit dabei sein konnte der Entwickler des Druckerviertels Volker Stix vom Büro ZeitRaumGestaltung. Moderiert wurde die Runde durch den freien Kulturschaffenden Martin Keil. Auch aus dem Publikum konnten viele wertvolle Wortbeiträge gesammelt werden. Die konstruktiven Beiträge sind unter www.druckerviertel.de in strukturierter Form nachzulesen

Entwicklung des Druckerviertels am östlichen Tor zur Einbecker Innenstadt

Quartierentwicklung und Sozialraumplanung sind wichtige Themen im Stadt- und Standortmarketing – sind sie doch entscheidend für die Attraktivität und die Aufenthaltsqualität einer Stadt.

Das „Druckerviertel“ ist eines dieser zukunftsweisenden Vorhaben. Das Fachwerkensemble liegt im Sanierungsgebiet „Neustadt-Möncheplatz“ und damit am östlichen Eingang zur Innenstadt.

Das Quartier hat eine „Visitenkartenfunktion“, die durch die Reaktivierung der Bahnlinie und die damit verbundene fußläufige Verbindung in die Innenstadt noch verstärkt wird. Das „Druckerviertel“, wie es von uns aufgrund seiner Historie benannt wurde, kann wahrlich Geschichten erzählen: Mit dem weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Einbecker Blaudruck (Gründungsjahr 1638, Immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO seit 2016), der Kapelle (13./14. Jahrhundert) und dem Hospital St. Spiritus (1865 im neugotischen Stil erbaut) sowie weiteren historisch wertvollen Fachwerkbauten mit wunderbarem Detailbesatz aus dem 16. / 17. und 18. Jahrhundert hat dieses Quartier nicht nur in städtebaulicher Hinsicht herausragende Bedeutung. Abgesehen vom Blaudruck wurde in diesem Viertel die erste Einbecker Tageszeitung, das „Einbecker Tageblatt“, verlegt und gedruckt – noch heute zeugen die historischen Druckermaschinen von dieser Zeit.

Als Initiator, Namensgeber und Projektleiter verfolgen wir seit 2015 das Ziel, Eigentümer, Investoren sowie die Stadt Einbeck zusammenzuführen, um dieses Leuchtturmprojekt Einbecker Innenstadtentwicklung von der Idee zur Realisierung zu führen. Auf unsere Anregung hin wurde im Januar 2016 im Auftrag der Stadt Einbeck eine städtebauliche Einzeluntersuchung in Auftrag gegeben (Architekturbüro Jung), die die Potentiale des Druckerviertels aufzeigt. Im Einklang mit historischen Gegebenheiten und dem Denkmalschutz sollen im Quartier in den nächsten Jahren moderne Wohnformen und Geschäftsräume entstehen. Durch neue Wegebeziehungen, Rückbau und ganzheitliche Gestaltung soll das Quartier für Anlieger, Einbecker Bürger und Touristen durchlässig werden und insgesamt die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt Einbecks fördern. Die verschiedenen Funktionen Wohnen, Handwerk, Einzelhandel und Gastronomie sollen gestärkt und die Nutzungsvielfalt dadurch unterstützt werden.

Wir sind davon überzeugt, dass diese Quartiersentwicklung Modellcharakter in der Region des Fachwerk5ecks erlangen wird und somit Anstoß für weitere Vorhaben dieser Art sein kann.